Erstdrucke aus der Bibliothek von Loys Egg

Loys Egg sammelt Bücher über Künstler und Schriften von Künstlern, die sich keiner künstlerischen Disziplin zuordnen lassen. Leben und Werk zeichnender Regisseure, filmender Maler oder auch schreibender Schauspieler, die Aufzählung ließe sich in vielen Kombinationen fortsetzen, sind in der Bibliothek von Loys Egg dokumentiert. Die Bände sind entweder von den Künstlern selbst verfaßt oder sind Veröffentlichungen, die eine Geschichte der Künste außerhalb der etablierten Diskurse entwickeln.

In diesem Sinn hat Loys Egg keine wissenschaftliche Bibliothek gesammelt, keine Standardliteratur aufgereiht. Zwischen dem Künstler und seinen Büchern liegt keine Distanz eines bürgerlichen Bildungshungers, der immer auch den Zweck verfolgt, sich gesellschaftlich abzugrenzen. Auch sind seine Bücher kein Werkzeug eines pädagogischen Eifers. Er sammelt auch nicht, um die Inhalte seiner Bücher in eigenen Texten zu erklären. Loys Egg beschäftigt sich mit den Inhalten und ihren Autoren, jedoch nicht im Sinne einer kunsthistorischen Ordnung und diskursiven Inventarisierung. Keine Minute seiner Lektüre läßt er eine historische Entfernung der Welten und Personen zu, denen er seine Aufmerksamkeit widmet. Die Künstler, die er aus seinen Studien so gut kennt, deren Werke ihm in vielen Details so vertraut sind, bleiben für Loys Egg auch und wegen ihres, in den Büchern und Publikationen über den Tod hinaus fortgesetzten Lebens, in jedem Moment Gegenwartskünstler.

In der großen Bibliothek sind die Bücher auch als Objekte aufgestellt. Ihre Machart, ihre Typographie, Papier und Bindung, Details wie Vorsatzblätter oder der Druck erheben sich für Loys Egg nicht über den Inhalt. Die Bücher sind nie allein schöne Objekte mit Texten, die blinde Bilder bleiben, weil sie nicht gelesen werden oder nicht zu lesen sind. Für den Künstler gehen die Bücher, die seine Wertschätzung erfahren, eine Stimmigkeit zwischen Gehalt und Erscheinungsbild ein. Das muß keine aufwendige Ausstattung bedeuten oder grenzgängerische Experimente in der Herstellung. Der Sammler ist fasziniert von der Vielfalt, der ästhetischen Unterscheidbarkeit von Büchern, die nicht in Widerspruch dazu steht, daß Bücher doch soviele konventionelle Gemeinsamkeiten aufweisen: einen Umschlag, einen Kern, dessen Seiten horizontal geblättert werden, auf Papier gedruckt, undsoweiter.

Loys Eggs Büchersammlung ist kein Archiv, in dem er Publikationen ablegt, die nur zufällig zu ihm gefunden haben. Die Wahl jedes Buchs ist absichtlich und der Künstler setzt sich mit seiner Sammlung ständig ins Einvernehmen. So gibt die Aufstellung der Bücher nicht die Chronologie seiner Interessensgebiete wieder, belegt keine Lebensphasen sondern besteht in einer kontinuierlichen Verdichtung von andauernden Lebensthemen. Voraussetzung ist die Beschäftigung, die Loys Egg die Standorte seiner Bücher nie aus dem Blick und damit vergessen läßt.

Seine Bibliothek ist weniger Gedächtnis als vielmehr ein präsentes Repertoire, das seine Lebendigkeit durch den ständigen Gebrauch bewahrt.

Nicht jede Bibliothek ist eine private Sammlung. Die Bücher von Loys Egg sind die Sammlung eines Künstlers, der es versteht, Bücher nicht nur zu lesen und als Wissensträger zu benutzen. Die Bücher seiner Sammlung öffnen sich als Medien zu einer jeweiligen Gegenwart, an die wir uns Seite für Seite erinnern mögen.