Tiroler Tageszeitung, 20. Oktober 2004

"Operellen": Sieben österreichische Kurzopern in Innsbruck

Wolfgang Bauer, Friederike Mayröcker und Hermes Phettberg steuerten Libretti bei - Uraufführung am 31.10. im Tiroler Landestheater.

Prominente österreichische Autoren und Komponisten wirken an einem ungewöhnlichen Projekt mit, das am 31. Oktober in den Kammerspielen des Tiroler Landestheaters uraufgeführt wird. Sieben "Operellen" genannte neue Kurzopern werden unter dem Titel "miniaturkatastrophen und millimeterkrisen" in der Regie von Kristine Tornquist und unter der musikalischen Leitung von Dorian Keilhack gemeinsam präsentiert. Die Texte stammen u.a. von Wolfgang Bauer, Friederike Mayröcker, Hermes Phettberg und Radek Knapp, die Kompositionen steuern u.a. Kurt Schwertsik und Wolfram Wagner bei. Nach der Uraufführung folgen in Innsbruck weitere vier Vorstellungen. Im Wiener Jugendstiltheater sind ab 17. November drei Aufführungen geplant.

Den einzelnen Teams wurde ein gemeinsames Ausgangsszenario vorgegeben: Ein kleiner Planet wird von nur fünf Personen bewohnt. Sie heißen Johanna und Johann, Zwerg, Dieb und Voltaire. Mit diesem Personal lässt sich allerhand anstellen, wie die sieben "Operellen" beweisen.

In der minimalistisch gereimten Landschaft "HerzLosZeitLos" des Grazer Journalisten Walter Titz findet sich Voltaires verlorenes Herz zwischen roten Rosen. Den Kampf um Herzen und Liebe, der sich daraus entspinnt, hat der Wiener Domorganist Peter Planyavsky in ein subtiles Ballett verwandelt. Das junge Autoren-Duo Hosea Ratschiller und Lukas Tagwerker beschreibt in "Schock - ein Hundeleben" einen Krieg, in dem keiner eine Chance hat. Vom ungarisch-österreichischen Komponist Akos Banlaky ist dieses Szenario ins Absurde, fast Kabaretthafte gesteigert.

Hermes Phettberg bleibt mit "Schutt" in seiner Tradition als pessimistischer Prediger. Er legt Voltaire freimütig biblische Worte in den Mund, der Niederösterreicher Gilbert Handler entwickelt dazu eine eigene meditative musikalische Sprache. Friederike Mayröcker lässt - vertont von Wolfram Wagner - Lebende und Verstorbene Frieden finden. "Stretta" führt die autobiografische Zwiesprache zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten Ernst Jandl liebevoll weiter - Liebende kann der Tod nicht scheiden, und wenn ein zwergenhafter Beagle der Bote sein muss.

Friedlich und witzig löst Kurt Schwertsik mit Kristine Tornquists Text "Schlaf der Gerechten" den Generationenkonflikt - während die Eltern sich zur ewigen Ruhe betten, gehen die missratenen Kinder ihrer Wege. "Die vertauschten Köpfe" des in Wien lebenden polnischen Autors Radek Knapp stehen im Spannungsfeld von Poesie und sprachlicher Bosheit - von dem Tiroler Komponisten Christof Dienz in ein feines Gewebe aus Clustern und zirpenden Mustern eingebettet.

Wolfgang Bauer lässt schließlich das zu Beginn gestohlene Herz zu seinem rechten Platz zurückfinden: in Ägypten bei Pyramiden und Sphinxen wird alles wieder gut: der in Wien lebende Berliner Komponist Jury Everhartz versucht, Bauers Reime zu komplexen polyphonen Strukturen von barockem Witz zu verdichten.

Die einzelnen Kurzopern sollen nicht länger als 15 Minuten dauern. Es spielt das Tiroler Ensemble für Neue Musik, als Sänger wirken Renate Fankhauser, Shauna Elkin, Dan Chamandy und Michael Wagner, als Darsteller Klaus Rohrmoser mit.

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