23.09.2018, Kronenzeitung, Oliver Láng

REAKTOR: Descamps' "Jeanne & Gilles". Liebe, Krieg und Tod

Vor we­ni­gen Ta­gen fei­er­te Ger­hard Schedls "Ju­lie & Je­an", ei­ne tra­gi­sche Lie­bes­ge­schich­te nach Au­gust St­rind­berg, in Wien Opern­pre­mie­re. Nun folgt "Jean­ne & Gil­les", ei­ne wei­te­re Opern­hand­lung über ein nicht min­der tra­gi­sches Lie­bes­paar. Ein be­herz­tes Künst­ler­team des si­re­ne Opern­thea­ters ent­warf da­bei ei­nen strin­gen­ten Abend, der viel Zu­stim­mung ern­te­te.

Als span­nen­den Spiel­ort hat man den RE­AK­TOR in der Wie­ner Ge­b­ler­gas­se ge­wählt. Ein et­was ver­fal­len­der, oder sa­gen wir: pa­ti­n­a­be­haf­te­ter Raum, der kei­ne gro­ße Büh­nen­tech­nik, aber viel At­mo­sphä­re zu­lässt.

Das si­re­ne-Team macht aus der Not ei­ne Tu­gend. Mit sehr we­ni­gen Ver­satz­stü­cken zau­bert man sich ins 15. Jahr­hun­dert in Frank­reich zu­rück, deu­tet mehr an, als man genau aus­führt und zei­gen will. Ein paar his­to­ri­sche Ko­s­tüm­de­tails, ein paar ver­schieb­ba­re Ku­lis­sen­wän­de, mehr hat man nicht, und viel mehr braucht man auch nicht.

Frank­reich, 1337 bis 1453: Der Hun­dert­jäh­ri­ge Krieg der Fran­zo­sen und ih­res un­fä­hi­gen Kö­nigs ge­gen die En­g­län­der, die Frank­reich be­set­zen, und gleich­zei­tig ein fran­zö­si­scher Bür­ger­krieg. Da spielt die Ge­schich­te von Jean­ne & Gil­les, ge­nau­er: von Jean­ne d’Arc, die Frank­reich von den En­g­län­dern be­frei­te, und Mar­schall Gil­les de Rais, dem ge­fei­er­ten Kriegs­hel­den und Be­wun­de­rer Jean­nes, der auch ei­ner der größ­ten Mas­sen­mör­der der Ge­schich­te war. Kom­po­nist und Di­ri­gent François-Pier­re Des­camps so­wie Li­bret­tis­tin und Re­gis­seu­rin Kris­ti­ne Torn­quist ha­ben ei­ne Hand­lung zu­sam­men­ge­stellt, die von Lie­be, aber vor al­lem von Leid, Elend und vom Ster­ben er­zählt.

Mu­si­ka­lisch in der ge­mä­ßig­ten Mo­der­ne ge­la­gert, mit An­klän­gen an Ser­gej Pro­kof­jew und an­de­re, lässt Des­camps sei­ne Sän­ge­rin­nen und Sän­ger so­wie das Kam­mer­or­ches­ter ein be­zie­hungs­rei­ches Klang­feld auf­rol­len. Das geht ins Ohr, und man hat mit Li­sa Rom­bach als ganz auf den Krieg ein­ge­stimm­te Jean­ne und Paul Schwei­nes­ter, der den mör­de­ri­schen Mar­schall ver­kör­pert, ein zen­tra­les Paar, das un­auf­dring­lich, aber stets ein­dring­lich agiert.

Die ein­fa­che, sach­li­che Ins­ze­nie­rung lässt klei­ne Brü­che zu, bil­det Si­tua­tio­nen und Stim­mun­gen sau­ber ab. Dem Pre­mie­ren­pu­bli­kum ge­fällt’s.

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