Die Kulturwoche, 07.07.2009, Christine Koblitz

Der Stern des Wallenstein - Die Premierenkritik

Diese Woche darf ich die Heimat urlaubende Kollegin Katja Kramp vertreten und die siebente Episode der neun Wunderkammeropern nach der Geschichtensammlung "Nachts unter der steinernen Brücke" von Leo Perutz anschauen: "Der Stern des Wallenstein" mit einer Auftragskomposition von Akos Banlaky.

Mit dem Ruf des Kuckucks tritt Dirigent François-Pierre Descamps zu seinem Orchester, dem ensemble on_line. Tierstimmen sind auch der Schlüssel zu dieser Verwechslungskomödie. Dem von Geldsorgen geplagten Astronom Kepler (Countertenor Armin Gramer) widerstrebt es als Astrologe seine Familie zu ernähren. Die Discokugelsonne wirft ihr Licht in einen Sternenhimmel. Der alte Oberschurke Barvitius (Alfred Werner) tritt im Kreis und denkt an einen letzten großen Coup um sich abzusetzen. Sein verschlagener Gehilfe Leitnitzer (Gottfried Falkenstein) erzählt ihm vom reichen Mordechai Meisl, dessen Figur treue Besucher schon aus "Das verzehrte Lichtlein" kennen. Meisl könnte man entführen und für die Freilassung ein stattliches Lösegeld erpressen. So der Plan. Ausführen soll ihn der junge, ehrgeizige, aber mittellose Offizier Waldstein. Für 600 Dukaten plagen den auch keine Skrupel. Er soll am Abend von einer Kutsche an einen geheimen Ort gebracht werden, um mit dem Patron der Gaunerbande näheres zu besprechen. Seine Sterne, der Mars und der Wagen, werden ihn begleiten, singt Leitnitzer. Sicherheitshalber lässt sich Waldstein sein Horoskop noch einmal von Kepler legen. Nicht der Mars, sondern die Venus steht im Bereich des Wagens.

Die Sache muss jetzt trotzdem unternommen werden. Waldstein wird von einer Kutsche abgeholt, 5 Meilen Fahrt mit verbundenen Augen. Diese Kutsche ist ein geschicktes, schaukeliges Konstrukt (Bühne: Jakob Scheid), mit dem Waldstein auch ordentlich verschaukelt wird. Am Ziel duftet es nach Rosen, mittelalterliche Klänge werden angedeutet und als er endlich die Augenbinde abnehmen darf, erscheint die Schlossherrin, deren schwänerner Kopfschmuck Dame Edna vor Neid erblassen ließe (Kostüme: Markus Kuscher). Waldstein wähnt sich bei der Anführerin der Räuberbande, sie hingegen hat nur ein intimes Stelldichein mit dem feschen Offizier im Sinn. Der lässt sich nach ihrer Schmacht-Arie nicht allzu lange bitten, legt sich zu ihr und schließt den Vorhang. Zeitgleich wird Barvatius verhaftet, was wir auch zeitgleich zu sehen bekommen.

Lukretia, Liebste. Lukretia.

Der Hahn kräht, der Hund bellt - Waldstein erwacht. Diese Stimmen kennt er doch. Er ist im Schloss gleich neben seinem Wohnhaus. Beide Bühnenelemente sind folglich auch Rücken an Rücken gebaut. Die maskierte Dame ist die verwitwete Schlossherrin Lukretia! Waldstein hat sie erkannt. Dafür muss er nun sterben. Wie lächerlich die Szene mit dem Revolvergefuchtel ist, sieht schließlich auch Lukretia ein. Heirat ist da ein guter Ausweg und schon tönt die Klarinette viel fröhlicher. Nach ein paar weiteren Turbulenzen heißt es: Ende gut, alles gut.

Die Handlung ist schwer klamaukverdächtig. Doch dem spielfreudigen Einsatz der Sänger unter der Regie von Kristine Tornquist ist es zu verdanken, dass sich eine unbeschwerte Fröhlichkeit ohne Peinlichkeit entfaltet. Akos Banlakys Komposition unterstützt die tragischen und die komischen Seiten gleichermaßen. Ob dieser Querschnitt durch die Facetten zeitgenössischer Oper genug Wiedererkennungswert für häufiges Nachspielen hat, mag dahingestellt bleiben. Kristine Tornquist weiß für ihre Inszenierung die ganze Breite der Ankerbrothalle zu nutzen. Es werden mehrere Schauplätze gleichzeitig angedeutet, an denen die verschiedenen Figuren auch dann ihren Tätigkeiten nachgehen, wenn sie gerade nicht "dran" sind. Die mit viel Liebe zum Detail und großem handwerklichen Geschick gestalteten mobilen Bühnenbildfragmente kann man gar nicht genug loben. Die Kostüme passen perfekt dazu.

Ab Montag wird an der nächsten Folge gearbeitet, Freitag, 10. Juli 2009, ist die nächste Premiere.

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