Wiener Zeitung, 16.06.2008, Markus Hennerfeind

Ohne Glaube, Liebe, Hoffnung

Tagebucheintragungen in eine dramatische Form zu gießen, gar eine Oper daraus zu machen, ist gewiss ein schwieriges Unterfangen. Dem russischen Komponisten Grigori Frid gelang es beeindruckend, 20 Texte der Anne Frank zu einer einstündigen "Monooper" zu vereinen.

Im Jugendstiltheater gab es vergangenes Wochenende zweimal die Gelegenheit, "Das Tagebuch der Anne Frank" zu erleben. Musikalisch kleidete Frid diese erschütternde Prosa in ständig pendelnde Tonalität, um die Anfangs lauernde, später dann aktive Bedrohung am Brodeln zu halten. Darin verwoben fanden sich bis zum abrupten Ende immer wieder bedrohliche Marschrhythmen oder groteske Walzereien.

Dieses lange Zeit optimistische Mädchen, dessen glühender Glaube an das Gute nur langsam zerbröckelt, verkörperte Nina Maria Plangg geradezu ideal: Mädchenhaft in Stimme und Auftreten, zwischen kindlicher Naivität und den tiefen Einblicken in die brutale Gegenwart, intensiv im Nacherleben der angstvollen Zustände oder bloß der Alltagsarbeit und der Träume, die sich nie verwirklichen sollten.

Die spartanische Ausstattung (Jakob Scheid, Bühne) und das schlichte Kostüm (sirene) spiegeln das enge, angstvolle Leben im Versteck gut wider.

Kristine Tornquist (Regie) beschränkte sich auf einfache Darstellung einer Oper, der jedes "Zuviel" wohl schlecht bekäme und dem starken Libretto bloß im Wege stünde; mustergültig steuerte das ensemble sirene die Kammerfassung unter Leitung von Jury Everhartz bei.

Andere Kritiken