Mensch – Spital – Maschine

Die Gesellschaft verlangt den funktionierenden Menschen. Einen, der sich eingliedert, sich vielleicht auch unterordnet, in jedem Fall das System, die Wirtschaft, die Leistungsgesellschaft trägt. Bei diesem Funktionieren soll er möglichst viel an Leistung aus sich herausholen, dafür belohnt werden, also Geld verdienen - und das dann in die Konsummaschine werfen, um damit wertvoll für die Gesellschaft zu sein. Dabei hat er die Normen, Regeln, die geschriebenen und ungeschriebenen Gesetze einzuhalten und sein Menschsein auf das Akzeptierte zu reduzieren. Ein Psychologiestudent im ersten Semester weiß, dass das langsam krank machen wird.

Trotzdem tun wir alle, auch die Psychologiestudierenden, freudig mit. Man wird dafür ja auch belohnt. Und dann krank. Ein hartes K am Beginn, ein hartes K am Ende. Das Funktionieren ist beeinträchtigt, das darf nicht sein. Also hinein ins Spital. In die Gesundmachungs-maschine. Vorne krank hinein, hinten gesund hinaus. Das ideale Spital. Die Zahnrädchen im Spital sind leistungsoptimiert, nur kein Stillstand. Effizienz! Effizienz!, fordert die Gesellschaft vom Spital, Input-Output, das muss passen. Rentabel und kostengünstig soll die Maschine arbeiten und den mangelhaft funktionierenden Menschen möglichst rasch wieder zu einem funktionierenden Bestandteil der Gesellschaftsmaschine werden lassen. Wir brauchen ihn, den Maschinisten Mensch. Ein kleiner Eingriff, ein Medikament, eine ölige Salbe - damit der Maschinenmensch wieder seinen Part in der Gesellschaft übernehmen kann. Je schneller desto besser. Verweildauer verkürzen. Schnitt-Nahtzeiten minimieren. Zeit, Zeit, Zeit sparen. Geld, Geld, Geld sparen. Das Spital muss sich rechnen.

Gruppierungen, die das Wörtchen sozial im Namen tragen, sehen sich heute als Eigentümer, die Vorstände und Manager bestellen, sie durch Zieldefinitionen unter Druck setzen, das Spital als Wirtschaftunternehmen definieren. Alle müssen alles tun, damit mehr Leistung herauskommt, was immer man auch darunter versteht. Das heisst: das Maschinenprinzip auf den Leidenden im Krankenhaus anwenden. Den Outcome messen und verwundert feststellen, dass der mässig oder gar nicht messbar ist. Dabei hat man doch effizient gearbeitet, optimiert, rationalisiert? Reflexion? Fehleranalyse? Selbstverständlich nur, um die Maschine wieder zu verbessern, um sie noch leistungsfähiger zu machen. Das Maschinenprinzip wird niemals hinterfragt. Braucht es eigentlich eine Spitalsmaschine? Braucht es den Maschinenmenschen? Muss alles immer funktionieren und das perfekt? Ist der Mensch überhaupt maschinenfähig?

Das Unglück liegt im Rechnen, Berechnen, Optimieren und Rationalisieren. Rechnen und Optimieren führt zu Weglassen und Minimieren. Der Punkt, wo die Kurbelwelle zu dünn wird und bricht, ist in greifbarer Nähe, man hört sie förmlich schon klackern. Nur der Mut zur rechnerischen Ineffizienz kann zu einer ausreichenden Redimensionierung führen. Bei Motoren und Menschen.

OAR Dipl.KH-BW Rainer Miedler, Verwaltungsdirektor des Sozialmedizinischen Zentrums Baumgartner Höhe