Der Ursprung von Horoskopen und die Sternzeichen des Zodiak

Susanne M. Hoffmann

Die Geschichte beginnt in Mesopotamien, dem Zweistromland, im Jahr 1250 v. Chr. – einer Region, die sich aufgrund ihrer Lage durch besonders berechenbare Wetterlagen auszeichnet. Es gibt eine Regenzeit und eine Trockenzeit, und auch die Windrichtung lässt sich abhängig von der Jahreszeit vorbestimmen. Da gleichzeitig je nach Jahreszeit bestimmte Sternbilder am Nachthimmel sichtbar sind, glaubten die Menschen an einen Zusammenhang. Sie schlossen daraus, dass mit Hilfe der Sterne alles berechnet und vorhergesagt werden könnte.

Die mesopotamische Kultur betete alte Naturgottheiten an: unter anderem Mondgötter, Wettergötter, Fruchtbarkeitsgottheiten und einen Sonnengott. Krankheiten und Unwetter wurden als Strafe der Götter gedeutet und auch ein Halo oder Regenbogen am Himmel oder die Farbe und Lage von Steinen am Wegrand wurden als gutes oder schlechtes Zeichen der Götter interpretiert.

Die sogenannten Schreiber in Mesopotamien erstellten nicht nur Kaufverträge und wandten eine äußerst hoch entwickelte Mathematik an – sie betrieben die Deutung göttlicher Zeichen auch hauptberuflich. Sie unterzogen Erde, Wetter und Gestirne intensiven Beobachtungen und versuchten so, Marktpreise vorherzusagen, die Menschen und vielleicht sogar die Götter zu beeinflussen. Da die Sterne überall in Mesopotamien denselben Anblick boten, galten Himmelszeichen nicht für einzelne Menschen, sondern verrieten etwas über das Schicksal des ganzen Landes. Eine Sonnenfinsternis betraf somit den König als ihren Repräsentanten, nicht aber die einfache Bevölkerung.

Um etwas über die persönliche Zukunft zu erfahren, stellte man einem Orakel Fragen, das das Schicksal zum Beispiel in der Leber eines geschlachteten Schafs erkennen konnte. Horoskope, wie wir sie heute kennen, gab es zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht, denn dazu bedurfte es eines regelmäßigen Kalenders und natürlich der Sternzeichen.

Die taggenaue Bestimmung des Kalenders anhand der wechselnden Mondphasen war in der mesopotamischen Kultur schon lange bekannt. In einem reinen Mondjahr würden die Monate jedoch nach einem unregelmäßigen Muster in verschiedene Jahreszeiten fallen: „Monat 1“ lag also mal im Sommer und mal im Winter, so wie es heute noch im islamischen und jüdischen Kalender der Fall ist. Man führte Schaltmonate ein, um Mondjahr und Jahreszeiten zu synchronisieren. Um aber die Jahreszeiten – und damit den Sonnenstand – präzise zu bestimmen, musste man sich an den Sternen orientieren, deren Sichtbarkeit am Abend, Morgen und um Mitternacht je nach Monat anders war.

Auf dieser Grundlage war es den mesopotamischen Schreibern möglich, den Kalender immerhin auf fünf Tage genau festzulegen. Damit ein Monat jedes Jahr in dieselbe Jahreszeit fiel, musste der taggenauen Mondkalender mit dem auf fünf Tage genauen Sternenkalender kombiniert werden. Hierfür wurde zu verschiedenen Zeitpunkten beobachtet, welche Sterne bei Vollmond sichtbar waren und welche Sterne der Mond in welcher Phase verdeckte. Dieser so genannte „Pfad des Mondes“ bildete die Vorstufe des Tierkreises.

Sechzehn der 71 alten mesopotamischen Sternbilder lagen auf diesem Weg des Mondes. Manche Sternbilder bildeten Gottheiten ab, andere waren Gottheiten zugeordnet. Einige von ihnen, wie Skorpion, Zwillinge und Stier, sind uns bis heute erhalten geblieben. Viele der alten Götter verloren im Laufe der Zeit jedoch ihre Bedeutung, sodass die ihnen zugeordneten Sternbilder umbenannt wurden: Der Weisheitsgott wurde zum Wassermann, der der Lohnarbeit zum Widder und aus der Liebesgöttin wurden die Fische.

Der wachsende Verwaltungsapparat der mesopotamischen Stadt Babylon machte einen schematischen Kalender für die Geldverwalter zu einer Notwendigkeit. Bereits um 1.000 v. Chr. teilten sie das Jahr in zwölf gleiche Abschnitte – die sogenannten Ideal-Monate – ein. Sie bestanden aus dreißig von Sonnenauf- und untergang losgelösten Ideal-Tagen.

Da die echten Monate sich am Mond aber leichter ablesen ließen, übertrugen die Gelehrten die zwölf Ideal-Monate auf die Mondbahn und somit auf einen Gürtel von Sternbildern, die in den einzelnen Abschnitten am Himmel zu sehen waren. Dies war die Geburtsstunde des Tierkreises.

Jedem Sternzeichen im Tierkreis ist auch heute noch ein Zeitraum von ungefähr dreißig Tagen zugeordnet, doch Monate und Sternzeichen stimmen nicht mehr überein. Die modernen Sternzeichen sind also nicht gleichbedeutend mit Sternbildern, sondern den Monaten ähnliche Zeiteinheiten.

Auf Himmelsbeobachtungen basierende Vorhersagen über die Zukunft wurden auch nach der Eroberung Mesopotamiens durch Alexander des Großen im 4. Jahrhundert weiterhin praktiziert. Babylonische Schreiber sagten den Tod des Herrschers anhand einer Sonnenfinsternis richtig voraus, was dazu führte, dass die babylonische Astralreligion auch unter seinen Nachfolgern großes Ansehen genoss, obwohl die Griechen an andere Götter glaubten als die Mesopotamier.

In der Antike wurden die reinen Sternzeichen des Tierkreises für die Horoskope – deren Name sich von dem altgriechischen Wort hora für Stunde und skopéin für beobachten ableitet – durch Elemente wie Aszendenten (aufgehende Zeichen) und Horoskophäuser ergänzt. Durch die Vermischung von mesopotamischer Astrologie und der griechischen Unterteilung des Sternhimmels in Doppelstunden, wurde jedem der zwölf Abschnitte über bzw. unter dem Horizont erstmals eine Bedeutung zugeordnet. Die komplexen Ergänzungen ermöglichten jetzt individuellere Deutungsansätze. Bürger gaben gegen Bezahlung die Erstellung von Geburtshoroskopen für ihre Kinder in Auftrag. Die Deutung von Sternzeichen wurde zum Geschäftsmodell.

Um die Zeitenwende entwickelte sich eine eigenständige Form der Tierkreisastrologie, die ausschließlich auf dem Geburtstag basierte. Die sogenannte Kalenderastrologie hatte sich so weit von der mathematischen Astrologie Mesopotamiens entfernt, dass sie auch von Laien und zu Unterhaltungszwecken betrieben werden konnte. Zwischen Sternkunde und Sterndeutung tat sich ein Graben auf.

Die Bekanntheit und Beliebtheit von Horoskopen und Sternzeichen, denen inzwischen menschliche Eigenschaften zugeschrieben wurden, nahm innerhalb weniger Jahrhunderte rasant zu. Die Erfindung des Buchdrucks im 15. Jahrhundert verstärkte die Entwicklung noch einmal. Obwohl schon damals gutgläubige Menschen oft Betrügern zum Opfer fielen, die ihnen mit ausgedachten Horoskoptexten auf Jahrmärkten das Geld aus der Tasche zogen, blieb die Astrologie für eine Weile noch eine anerkannte Wissenschaft: Der Astronom Johannes Kepler zum Beispiel, der im Jahr 1630 starb, verdiente seinen Lebensunterhalt unter anderem mit dem Erstellen von Geburts- und Jahreshoroskopen unter Berücksichtigung genauerer Planetenberechnungen. Zur Zeit der Aufklärung wuchs aber die Skepsis an den wissenschaftlichen Grundlagen der Sterndeutung, bis sie schließlich ihre Anerkennung als Wissenschaft völlig verlor.

In den Sechzigerjahren erlebten Horoskope eine Renaissance und sind seitdem als Standard in Tageszeitungen oder eben als umfangreiches Jahreshoroskop am Ende des Jahres nicht mehr wegzudenken. Beweise dafür, dass das Tierkreiszeichen, in dem die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt eines Menschen steht, wirklich dessen Schicksal bestimmt oder Aussagen darüber zulässt, gibt es nicht. Bewahrheitet sich die Vorhersage eines Horoskops, ist oft der sogenannte Barnum-Effekt im Spiel.

Von den Naturgottheiten Mesopotamiens bis auf die Astrologie-Websites unserer Zeit war es ein langer Weg. Selbst wenn Horoskope nicht die Zukunft vorhersagen können – für Unterhaltung sorgen sie schon seit vielen Jahrtausenden.

Die Sternzeichen des Zodiak / Tierkreises

Aries - Widder
War babylonisch ein Lohnarbeiter (Hirtengott), der nach der Winterpause im Frühjahr wieder eingestellt wurde. Der Hirte ist auch ein Symbol für allerlei Herrscher (Könige, Lehrer, Bischöfe ... die auf ihre “Schäfchen” aufpassen: beim Bischof durch den Hirtenstab symbolisiert; dieser Stab hat ein gekrümmtes oberes Ende, da der Hirte damit verirrte Schäfchen zur Herde zurück holt) und er war im babylonischen Pantheon der Gemahl der Liebesgöttin. Durch ein babylonisches Wortspiel wurde aus dem Hirten ein Schaf.

Taurus - Stier
Der so genannte “Himmelsstier” ist ein riesiges Fabelwesen, das vom Himmel herab geschickt wurde und dabei versehentlich den Menschen schadete. Er wurde von König Gilgamesch und seinem Freund Enkidu halbiert und den Göttern geopfert. Als die Griechen dieses Sternbild übernahmen, erzählten sie die Geschichte, dass der Stier ein verwandelter Gott sei, der schwimmend die Königstochter Europa auf die Insel Kreta entführte und daher nur halb zu sehen sei.

Gemini - Zwillinge
Babylonisch stellte man sich hier zwei Krieger vor, einen Unterweltsgott und einen Mondgott. Griechisch waren es zwei Heroen des Argonauten-Zugs, ägyptisch die Zwillingsgötter Schu (der Luftgott) und Tefnut (seine Schwester).

Cancer - Krebs
In dieser Himmelsgegend gibt es keine hellen Sterne, die ein anschauliches Muster bilden. Die Herkunft des Namens ist daher unklar. Die Römer bildeten die Eselsbrücke, dass die Sonne ab hier ihren “Krebsgang” (rückwärts) antritt und folglich die Tage wieder kürzer und die Nächte länger werden. Astronomisch ergibt das aber erst in der Spätantike Sinn und der Name “Krebs” ist bereits babylonisch für diese Himmelsgegend belegt. Ein babylonischer Alternativname ist “Sitz des Himmelsgottes Anu”, was bestimmt das Viereck von Sternen um den zentralen Sternhaufen (Praesepe) meint. Ägyptisch wird diese Figur oft als “Skarabäus” dargestellt, der Käfer, der angeblich die Sonne über den Horizont schiebt, weil der Mistkäfer im Sand Mistkugeln vor sich her rollt.

Leo - Löwe
Dieses Sternbild lässt sich in den hellen Sternen recht leicht erkennen, so dass hier schon immer ein Löwe gesehen wurde. Möglicherweise hatte der Löwe in der ganz frühen babylonischen Zeit Flügel, war also ein Fabelwesen. Darüber streiten aber die Forschenden.

Virgo - Jungfrau
Es ist das Erntezeit-Sternbild. Ursprünglich hieß es “Ackerfurche” und der hellste Stern darin wurde “Kornähre” genannt. Man kann sich recht leicht eine Ackerfurche mit Ähren hier vorstellen. Babylonisch wurde das Sternbild mit einer Erntegöttin verknüpft (deren Symbol die Ähre ist). Im Laufe der Jahrhunderte führten Missverständnisse, Änderungen im Kult und Vermischung mit Nachbarkulturen zu einer Transformation: irgendwann sah man nicht mehr die Furche, die der Göttin zugeordnet ist, sondern die Göttin selbst an dieser Stelle - und noch später wusste niemand mehr, welche Göttin hier eigentlich gemeint war. Schon bei den Griechen gibt es fünf Göttinnen zur Auswahl, später kam die christlicheJungfrau Maria dazu.

Libra - Waage
Nach der Ernte (verkörpert durch Virgo) wird der Ertrag eingelagert, gewogen, verkauft. Auch die Waage ist also eher ein Monatsname als eine anschauliche Figur am Himmel. In römischer Zeit wird sie auch metaphorisch als Symbol der Gerechtigkeit verstanden und der Göttin Justitia (Dike) in die Hand gegeben. Als die Griechen aus dem babylonischen Sternbild der Furche eine Göttin machten, brauchte das Sternbild mehr Platz und die Waage wurde Teil davon. Sie war für einige Jahrhunderte nicht mehr als Sternbild genannt, sondern entweder der Virgo oder dem Skorpion in die Hand / Schere gelegt. Erst in augusteischer Zeit wird das Sternbild wieder eingeführt.

Scorpius - Skorpion
Diese Figur ist recht anschaulich und wurde daher nicht stark verändert. Nur die Scheren sind manchmal größer / kleiner dargestellt - je nachdem, ob und wie man die Waage zeichnet. Der Skorpion ist babylonisch ein Sonnensymbol und zwei Skorpionmenschen bewachen dem Eingang zur Unterwelt, wie im Gilgamesch-Epos seit dem dritten Jahrtausend erzählt wird.

Sagittarius - Schütze
Hier war babylonisch ein Gott gesehen worden, der ein Mischwesen ist: Pferdeleib mit Flügeln und Skorpionschwanz, menschlicher Oberkörper spannt Pfeil und Bogen. So ein Wesen war für Griechen und alle anderen Nichtbabylonier unverständlich. Die Griechen stritten erst noch, ob es ein Zentaur (Chiron) oder ein Satyr (Kronon) sei, in römischer Zeit hat sich der Zentaur durchgesetzt.

Capricornus - Steinbock
Hier sah man ursprünglich ein Mischwesen aus Ziege und Fisch, den so genannten Ziegenfisch. Für die Babylonier war das ein Schutzdämon, ein gutartiges magisches Wesen, das beim Heilen von Krankheiten hilft und das den Weisheitsgott begleitet. Darum kam er auch dem römischen Kaiser Augustus als sein persönliches Symbol recht gelegen; er druckte ihn auf Münzen und auf seine Rüstung.

Aquarius - Wassermann
Dies war ursprünglich das Sternbild für den Gott, der babylonisch als höchster Schutzgott und Menschenfreund galt, den Gott der Weisheit und der Zauberkraft. Dieser Gott wurde stets mit zwei Wasserströmen aus den Schultern dargestellt, den Strömen Euphrat und Tigris, deren Süßwasser die Lebensadern des Landes bildete. Für Griechen, Ägypter und andere Kulturen war das Bild aber unverständlich. Die Ägypter wandelten ihn in den Nilgott um, aber die anderen nannten ihn einfach “den mit dem Wasser” oder “der das Wasser ausschüttet”. Sein Begleittier war entweder eine Ziege oder ein Ziegenfisch; er bildet also mit Capricornus eigentlich ein Doppelsternbild.

Pisces - Fische
Kein anderes Sternbild des Tierkreises unterlag größeren Transformationen. Hier flog ursprünglich eine Riesenschwalbe über den Himmel - möglicherweise ein Symbol für den Schwalbenzug. Sie war so riesig, dass nur ihre Schwänze im Tierkreis lagen und daher hieß das Tierkreisbild bereits vor der Erfindung des Tierkreises in der babylonischen UranologieSchwänze der Schwalbe”. Die Schwalbe selbst (Rumpf, Flügel und Kopf ) war in unserem Sternbild Cetus. Erst durch Wandel in der eigenen und Austausch mit anderen Kulturen wurde aus der anschaulichen Riesenschwalbe eine unanschauliche kleine Schwalbe. Die nördlich davon gelegene Liebesgöttin hatte zumindest in der syrischen Variante als Attribut-Tier einen Fisch. Der Schwalbenschwanz war dann ohne Schwalbe nicht mehr verständlich, und er wurde als Band umgedeutet, das den kleinen Vogel und den kleinen Fisch verband, das Sternbild “Schwalbenfisch”. Vielleicht durch Transformation in Ägypten wurde der kleine Vogel zu einem Fisch umgedeutet und es ergab sich das Bild von zwei Fischen, die mit einem V-förmigen Band verbunden sind. Weder die Griechen noch sonst irgendwer versteht dieses Bild, aber sie erfanden dazu die Geschichte, dass es das Band der Liebe sei, das zwei in Fische verwandelte Liebende verbindet (Mann und Frau oder Mutter und Kind).

Dipl.-Phys. Dipl.-WissHist. DDr. Susanne M. Hoffmann ist Astronomin an der Friedrich Schiller Universität Jena. Der Begriff “Astronom” vereinfacht ein Bündel von Abschlüssen und Qualifikationen - z.B. in Physik, Wissenschaftsgeschichte, Medienwissenschaft/Pädagogik/Journalismus/Planetarium- und Sternwarten-Technik, Projektmanagement.

Der Text von Susanne M. Hoffmann erschien zuerst auf Englisch bei der National Geographic Society und wurde uns dankenswerterweise zusammen mit den Anmerkungen zu den einzelnen Sternzeichen zur Verfügung gestellt. Ausführlich schreibt Susanne Hoffmann in ihrem Buch “Wie der Löwe an den Himmel kam” (Kosmos.Verlag 2021), das alle Sternbilder und nicht nur den Tierkreis bespricht.