Ideentagebuch von Kristine Tornquist

02.12.2013

Gilgamesch-Varianten überlegen.

Die ganz modernisierte Version im Stil des Anzug-Theaters. Enkidu als postsowjetisches Findelkind, das nach Europa ins Zentrum der Macht gerät, durch seine Schönheit und Erdigkeit den schwulen Gilgamesch besticht und eingelernt wird in die Kultur der Anzugträger. Die Götter ein schwarzer Bankenwürfel, aus dem die Tagesbefehle und Ideologien kommen. Der Kampf gegen den Stier ein Flugzeugabsturz bei einem Unwetter, Humbaba die gefährliche Droge Adrenalin bei einem Autowettrennen. Die Unterwelt wäre eine nächtliche Ubahnstation mit all den traurigen Gestalten, die da dazugehören, die Armut als gesellschaftlicher Tod und Erkenntnis, den Enkidu mit einer Überdosis konkret vorangegangen ist.

Schön wäre daran nur die Verwahrlosung in der Trauer, wenn der Anzug verschlissen und staubig, die Haare verfilzt und die Kravatte am Bahnhofsklo verloren ginge. Zuletzt kehrte Gilgamesch, der den Drogentod im Gegenzug zu Enkidu, weil finanziell und durch das Interesse seiner Teilhaber abgesichert, überlebt, in sein bürgerliches Leben und seine Firma oder seine Kanzlei zurück und führt sie zu unsterblichen Erfolgen. So weit so modisch.

Die ganz archaische Variante zwischen Sand, Fell und Haut. Alles wörtlich genommen: der Wald ein poetisch fallender Theaterwald, die Mauer eine Mauer, die Tiere Tiere. Die Unterwelt wäre dunkel, der Fährmann hätte ein leicht gleitendes Boot. Mit Einschränkungen jedenfalls: Humbaba erscheint besser als Elefant als die Groteske, die er im Text ist, und vom Himmelsstier zeigt man auch besser den Himmel in Form eines Wetters als den Stier. Die Götter in goldenen Kostümen oder als Priester verbunkert hinter ihrem Tempel, der auch die Form eines riesigen unbeeindruckt Zeit blinzelnden Auges oder einer richtungsweisenden Hand haben kann.

Eine abstrakte Lösung, die auf Text und Musik setzt und sich in den Bilder zurücknimmt. Leere, alles nur Licht und Raum für die Gedanken, die die Geschichte umfasst. Choreografische Auslotung dieser Leere. Nur wenige einzelne symbolische Requisiten - oder ein Material, das in verschiedene Formen schlüpfen kann. Zeitlose und fast unpersönliche Kostüme, die alle Akteure nur in Nuancen markiert, so dass klar bleibt, dass hier eine alte Ideen-Geschichte nachbuchstabiert wird und nicht nachgelebt. Das ist sicher die naheliegendste Lösung, vor der ich aber zurückscheue, weil sie sehr sehr schnell ins Geschmäcklerische kippen kann, weil sie auch in gewisser Weise modisch ist, weil sie in ihrer Indifferenz kaum etwas riskiert, weil sie auf dem Dampfer der Erhabenenheit blindlings durch den Ozean der Möglichkeiten schippert.

Da die Geschichte für uns heute in zwei weit auseinanderliegenden Spuren unterwegs ist, muss man sich wohl für eine der beiden Wege entscheiden. Die eine - alles Spezifischen abschälende - Betrachtungsweise erzählt den Plot eines zeitlosen Ich, das inmitten seiner stolzen und kräftigen Jugend mit dem Tod konfrontiert wird und in eine Krise stürzt, die ernst macht. Die andere, historische Sicht gräbt in eine sehr weit hinter uns liegende Kultur mit ihren uns fremden Göttern, Namen und Riten. Kann man die beiden Lesarten nebeneinander herlaufen lassen, sogar verbinden? Ich weiss es nicht.
Da spiesst es sich schon bei den Göttern, mehr noch bei den mythologischen Widersachern und Helfern wie Humbaba oder dem Fährmann.

Die Götter lassen sich auf symbolische Werte herunterbrechen, die auch in unsrer götterfreien Zeit ihre Erhabenheit anbehalten können. Die Götter sind - als Spiegelbild der Zuschauer - der Chor der Erinnernden, derer, die diese alte Geschichte nach 5000 Jahren immer noch kennen und kommentieren - ob sie nun aus einem Schnürboden die Fäden der Geschichte ziehen oder ob sie selbst in die Kostüme der erinnerten Figuren schlüpfen, um Ereignisse nachzustellen, vermittelt doch klar: die Götter sind wir selber, denn unsterblich macht Gilgamesch unsere Erinnerung, in der er mit uns im 21. Jahrhundert immer noch lebt.

Viel schwerer ist es, den konkreten Kämpfen Gilgameschs ein abstraktes Gesicht zu geben, das aus der Besonderheit alter Schauder und Politika in eine durchs reine Ansehen verständliche Übersetzung gebracht wird. Was ist das Wesentliche Humbabas, das aus seiner Monsterhaut herausgeschält werden könnte, was der Himmelsstier? Die Natur in ihrer reinsten Form? Die Strafe dessen, der hochmütig die Regeln gebrochen hat? Man muss  die "Umwelt" dem gleichsetzen, was damals die Götter waren - die Bedingung. Dann entspräche also ein Verstoss gegen die Götter in etwa dem Provozieren einer Umweltkatastrophe und ihre Rückwirkung auf den leichtsinnigen und hochmütigen Provokateur Mensch. Ist das konkret genug? Oder ist es zu konkret?

Ich sehe immer die Ankerhalle vor mir, die mit ihrem weiten Wüstenraum und dem niedrig hängenden Himmelsdach ganz bestimmte Bilder evoziert. (Und leider einen Drall zur archaischen Lösung aufdrängt.) Vielleicht würde ein anderer Raum andere Ideen provozieren. In einem anderen Raum könnte ich in die Höhe denken, was dem Hochmut und dem Absturz Gilgameschs nach Enkidus Tod entgegenkommen würde. Zum Beispiel verstehe ich die Geschichte als Standortbestimmung des Menschen zwischen den Tieren, von denen er abstammt und deren Lebensbedingungen er teilt, sich aber erheben möchte, und den Göttern, die er sich als Spiegelbild seiner selbst erschaffen hat und zu deren Abgelöstheit er sich hochsehnt. Die Geschichte bewegt sich in allen drei Ebenen, die Gilgamesch mühelos verbindet, in denen er sich bewegen kann, aber gerade darum nirgends ganz zuhause ist.

Was bin ich Mensch: ein Tier, ein Gott oder ein Kulturprodukt? (In der Ankerhalle reihten sich diese Menschenbilder in der Ebene aneinander: die Welt der Tiere weit entfernt, aber immer Hintergrund für alles; die Götter im Blick, als Störfeld ebenso wie als Ziel: ganz in der Mitte oder im Vordergrund; die Menschen dazwischen, beweglich. Ergibt mir spontan kein logisches Bild, die drei Ebenen lassen sich nicht eindeutig darstellen in der Ankerhalle, ausser ich verlege die Welt der Götter in das Dachgestänge. Dann aber ist die Gleichwertigkeit der 3 Ebenen nicht mehr gegeben, denn so wird der Hauptwohnort Gilgameschs unten bei den Tieren sein müssen.)

Eine alte Idee, die zu Gilgamesch vielleicht passt (leider aber nicht sehr gut in die Ankerhalle), sind die 7 Vorhänge, die Szenen öffnen und schliessen und die Reise einer Figur in ihre Geschichte hinein versinnbildlichen können, ganz konkrete Überraschungen und Möglichkeiten bieten, schnelle Wechsel, Erscheinen und Verschwinden, zwar Einheitsbühne, aber trotzdem ständig wechselndes Bild (so wie bei der Puppentheaterbühne bei MarieLuise). Die hintereinander gehängten Vorhänge sind eine abstrakte Bühne, in die alles eingefüllt werden kann: Konkretes wie Abstraktes. Wenn Gilgamesch die Geschichte durchwandert, reisst er erst Vorhänge auf, durchwandert sie, reisst sie herab, bis er vor dem Nichts der leeren Mauer steht. Dann schliesst er wieder einen Vorhang nach dem anderen und überlebt die Krise pragmatisch, indem er aufgibt, gegen den Tod aufzubegehren.

03.12.2013

Die grösste Vermittlungsleistung werden aber die Sänger tragen. Ich darf mich nicht so sorgen. Die bürgerliche Archäologie kann die Kraft der Erscheinung nicht mindern. Vielleicht muss man nicht viel aktualisieren, das Publikum schafft das schon selbst, wenn die Akteure sehr direkt auf der Bühne stehen, und wenn ich nicht den Fehler mache, das Kulturspezifische überzubetonen oder in Museumshaltung zu verfallen.

Naturalistisches Spiel? Nein, das auch wieder nicht. ich werde - wie fast immer - auf die Physis der Darsteller setzen, auf ihre "Nacktheit" und ihre Bereitschaft, dem Publikum zu vertrauen.

Man muss die Götter auf eine höhere Ebene versetzen, von der aus sie wirken können wie Puppenspieler oder Theatertechniker. Das ist interessant für viele einzelne Szenen und ergibt viele Möglichkeiten. Ausserdem regelt sich dann das heikle Problem, wie Götter dargestellt werden, ganz von selbst - sie sind einfach "oben", nicht mehr.

Ob es allerdings sinnvoll ist, überhaupt Götter zu verwenden, muss ich noch abwägen. Es nimmt Gilgamesch die Freiwilligkeit und verschleiert "die Entscheidung der Menschen, Götter haben zu wollen". (Apropos: Gilgamesch eine Faustiade? Der Suchende, der zu hoch Greifende, der darum bestraft stürzt, weil er sich der Götter Zorn zuzieht?)

Vor allem will ich zeigen, wie Gilgamesch seinen Platz zwischen Tier und Gott wählt. Insofern müsste es eine Ebene der Tiere und eine der Götter geben - zwischen denen Gilgamesch hin und her wechselt.

Am schönsten wäre aber, wenn es drei Ebenen gäbe.

Das liesse sich vielleicht auch mit der Idee der Vorhänge verbinden?

04.12.2013

Ein ständiges Drehen des Gegenstandes zwischen zwei Ansichten (der historischen Sicht und der abstrakten).

Die Götter, die in Strassenkleid und aus der Zuschauermitte (für die Zuschauer) auf die Bühne treten und sich dort in Götter verwandeln, die Gilgamesch (wieder-) beleben. Auf ihrem langen Weg durch den Raum der Geschichte wieder von Göttern zurück in uns Erinnernde.

Wir sind Gilgameschs Götter, weil wir ihn unsterblich machen. Götter: Zeit. Zeit. Zeit. Zeit, die der Sterbliche in seinem begrenzten Leben nicht hat. Unsre Götter sind die noch Ungeborenen, die später das Urteil über uns heute Lebenden sprechen werden, und der Gedanke an die Zukunft und die Nachfolgenden ist unser Ideal und unser Gesetz, dem wir gerecht zu werden haben. Denn was haben wir als Zeit? Nichts. Nur Zeit.

Der Satz aus meiner Sisifus-Sammlung: Zähl die Stunden, dann bist du endlich, zähl sie nicht, bist du unsterblich, spricht gegen eine historisierende Darstellung dieser Geschichte: das Wesentliche ist das Zeitlose, der Topos Sumer ist Dekoration. Und so wären auch Bühne oder Inszenierung, die einen Moment der Geschichte nachillustrieren, Dekoration, hinter der die Geschichte verschwände. Dann aber stellt sich die Frage, der ich schon seit einem Monat ängstlich ausweiche: ist diese Geschichte jenseits ihrer Historizität überhaupt interessant genug?

Keine Antwort, ich weiss es nicht. Im Zweifelsfall: eher nein.

Als ich vor fünfzehn Jahren erstmals auf Gilgamesch stiess, war meine grösste Lust daran, in den Lehm meiner Herkunft zu greifen. Im kostbar-erhabenen Schutt und Sand etwas Lebendiges zu finden, unerwartet verwandtes Leben zu entdecken.

Eine Zikkurat!

Inklusive des Bodens 4 Ebenen, das Orchester unten im transparenten Bauch des gerüstartig aus Holz gebauten Turmes, der Boden für die Tiere, die erste Ebene für die Menschen, die zweite für König Gilgamesch und die Begegnungen zwischen Menschen und Göttern, ganz oben im Krähennest der Götter- bzw Erzählerchor. Leitern, die die Ebenen verbinden (oder nicht verbinden).

Die Proportionen der Zikkurat von Babylon, deren Ausmasse beschrieben sind, war würfelig: 91 x 91 x 91 Meter. In der Ankerfabrik wird sich das nicht ausgehen, und insgesamt ist es für ein am Boden sitzendes Publikum vielleicht zu hoch, daher werde ich einen stumpferen Turm planen, etwa 9m im Quadrat in einer Höhe von 7m.

06.12.2013

Dunkelblau wäre Gilgameschs Farbe - für die Leere und die Trauer, und für den Lapislazuli, der im Epos vorkommt und als das Feinste gilt. (Da denke ich auch an das berühmte Ishtar-Tor aus Lapis.)

Den Himmelsstier weglassen, nur als Angeberei und Himmelsstürmerei in einem Satz im Streit mit Ishtar vorkommen lassen.

Wenn wir die Geschichte in einer Zikurrat spielen lassen, dann sollte die unterste Ebene einerseits für die Tiere und Enkidus Geburt, aber auch als Unterwelt taugen. (Eigentlich müsste die Unterwelt als Ort der Abstraktion ja ganz oben liegen, in der Sphäre der Götter. Aber man kann die Unterwelt auch als Erdleben verstehen, in dem die dort hinunter begrabenen Toten ihre eigene Existenz führen... das muss ich mir praktisch biegen.)

Demzufolge müssen die Götter ohnehin frei beweglich sein, sie durchdringen alle Sphären, sie sind überall. Wie Projektionen, wie Ideen haben sie keinen eigenen physischen Ort.

Wenn die Bodenebene die Spielebene der Unterwelt ist, muss das Orchester in die 1. Ebene hinauf übersiedeln, wie ein Herz in der Brust.

Heute morgen dachte ich, dass vielleicht gar nicht allzuviele Worte gesungen werden sollten, sondern Laute. Aber wie klagen, wie freuen, wie trotzen und lachen Sumerer? A-o. O-u. O-i. E-i. ...? Ausserdem sollte es gesprochene Worte geben, die sich der archäologischen Sphäre (Renés Ebene) entziehen. Diese vielleicht die wichtigste Entscheidung des Tages fiel beim Zähneputzen. Gesprochener Text, der ganz heutig ist und Abstand zum Historischen hält, den Originaltext nicht kapert, sondern begleitet. Gesprochen von den Göttern, die als moderne Menschen die Geschichte erzählen und damit auf der Bühne "machen". (Wir sind Gilgameschs Götter, heute unsterblich, wir machen auch ihn unsterblich, solange wir uns erinnern, solange wird Gilgamesch sein, bis wir selbst vergessen sind.)

So kann ich Renés Wunsch nach möglichst originalgetreuer Sprache gerecht werden und doch mein eigenes Ding machen, die Motive freilegen und Reflexionen anstellen. Denn das Historische allein interessiert mich überhaupt nicht - das sollen die Museen, Symphonieorchester und Abspielstätten einkochen - aber dass ich moderner Mensch die Geschichte heute, wie sie damals wohl gemeint war, verstehen kann, dass sie immer noch heraufordert und aus einer Seele in die andere schreit, macht sie im Vergleich zum Ägyptischen Totenbuch erinnernswert.

Moderne Götter als Erzähler und Erinnernde, deren neuer freier Text dort ins Epos übergeht oder verschmilzt, wo sie mit Gilgamesch interagieren (z.B. Ishtar versucht, Gilgamesch für sich zu gewinnen).

Alle Nebenfiguren und Enkidu im Epostext, Gilgamesch auch, doch eventuell kann er zuletzt, wenn er von seiner Reise zurückkehrt und seine Geschichte durchwandert ist, ein freies, dann also bereits unsterbliches göttliches Résumé ziehen.

23.12.2013

Anmassung, Grössenwahn und Hybris

Zieh, Gilgamesch, deine Kapuze über die goldene Stirn, die Götter haben deine Hybris gerochen.

Vorbestimmung: deswegen mag ich Göttergeschichten und Schicksalsmärchen, denn sie vereinigen den Inhalt mit der Form des Erzählens, das immer Vorbestimmung ist. So hat eine als vollständig empfundene Dramaturgie immer einen Schicksalspfeil, der den roten Faden hinter sich herzieht und in die Pointe, ins Résumé oder zumindestens ins Finale zielt. Der Erzähler weiss, was geschehen wird, er ist Herr der Zeit, wie die Götter der Geschichte es in der Abfolge der Ereignisse auch sind. Der Erzähler einer Geschichte, die den Zuhörern bereits bekannt ist.

Der Beginn

Gilgamesch sitzt auf der Bühne, man sieht nur eine Silhouette im Dunkel. (Im Fokus eines engen Lichtstrahls, den man in einer leicht nebligen Luft gut sieht.) Ein Lichstrahl fällt durchs Dunkel, trifft ihn. Ein zweiter Lichtstrahl findet sich auf der Figur ein, ein dritter, ein vierter. In verschiedenen Tönungen mischt sich das Licht zu einem weissen Gleissen auf ihm, aufgeweckt aus dem Dunkel der Vergangenheit. Die Geburt eines Gottes.

Variante: Gilgamesch ist vergraben in einem Sandhaufen, nur sein Kopf schaut heraus. Während sich das Licht auf ihm sammelt, gräbt er sich frei und steht zuletzt unversehrt von der Zeit gleissend vor uns.

Gilgamesch, der jugendliche Despot

Am Umgang eine Prozession, um Pukku und Mikku darzustellen.

1. 3 Männer trommeln (rückwärtsgehend) nach Gilgameschs Taktstock, hinternach die klagenden Frauen, die nicht zu ihren Männer kommen.

2. Richtungswechsel: Gilgamesch wechselt die Richtung, nun folgen die Trommler gedrückt und unrhythmisch Gilgamesch, der ihre Frauen verfolgt, die rückwärts vor ihm zurückweichen.

3. Gilgamesch stösst die vorderste der 3 Frauen zu Boden, hält seinen Taktstock zwischen ihre Beine oder auf ihren Bauch, die Trommeln verstummeln. Dann wendet sich Gilgamesch wieder um, das Trommeln geht weiter... einige Runden, bis Gilgamesch sich lüstern streckt, müde ist und sich auf seinem Platz zum Schlafen lehnt.

Die Trommler und Frauen laufen einander zu, umarmen sich hastig und klagen zu den Göttern.

Die Hand des Schicksals

Die Götter dargestellt durch eine grosse bewegliche Hand, bewegt von den Sängern der Götterstimmen (Ishtar, Enlil, Mutter Erde).

Götter

Die modernen Götter lesen den historischen Epostext aus dem goldenen Programmbuch.

Die Götter teilen sich fast zufällig aus der modern gekleideten Menschenmenge (alle Sänger ausser Gilgamesch und Enkidu), die zu Beginn auf die Bühne tritt. Sie sind die, die eben später leben, länger leben, aus einer anderen Zeit die Geschichte überblicken.

Ninsun

Die allwissende voraussehende Mutter mit den geschlossenen Augen, die Augenlider weiss oder schwarz gemalt.

Das Auge der Götter

Variante 1: eine grosse Kugel - ein Auge mit Augenlidern, die sich schliessen können. Die Pupille kann sich öffnen und schliessen, das Auge dreht sich in Blickrichtungen. Durch die Pupille, die einen künstlichen Lichtreflex hat, kann jemand durchschauen. Eine Besonderheit wäre, wenn sich dieses Auge über den Boden rollen liesse und sich öffnet, nachdem es liegen bleibt.

Variante 2: die obere Hälfte eines Kopfes mit zwei Augen, die von hinten mechanisch bedient werden können: ebenfalls mit Augenlidern, mit Blickrichtungen und Pupillenöffnungen. Eventuell mit leicht beweglichen Augenbrauen. Der Kopf wirkt, wenn die Augen geschlossen sind oder der Kopf gedreht ist, wie ein Hügel.

Aus den Bäumen des libanesischen Waldes wird eine Stadt (die Senkrechte setzt sich zu Waagrechtem zusammen).

Die Zeit

Ein Trickfilm des Werdens- und Vergehens.

Ein permamenter Wechsel, zunehmend beschleunigt, ab und zu verlangsamend. Pflanzen oder Bauwerke. Wie ein Fries projiziert (eventuell nur während des wiederkehrenden Zeit-Chores).

Humbaba - ein Elefant

Der Kampf gegen Humbaba ein Schattenspiel / wandbreites Video in grauweiss / schwarzweiss.

Gilgamesch und Enkidu tanzen davor den Pas de deux des Kampfes, in zwei einander berührenden, scharfen, weissen Lichtkreisen.

Für ihre Wortwechsel der Angst und der Kühnheit, des Anfeuerns und Zurückweichens laufen sie vor, nah ans Publikum. Starke Wechsel zwischen choreographischem und sängerischem Element.

Humbaba wird von 3-5 Sängern gespielt, die Körperteile an Stangen führen und damit eine grosse, sich in der Grösse auch verändernde Figur darstellen können. Bzw. wird Humbaba besiegt, indem die Körperteile auseinanderfallen... bzw. indem Enkidu und Gilgamesch Kontrolle über die Teile übernehmen und die puppenspielenden Sänger (die Lebenskraft und -identität Humbabas) davonjagen.

Die Bäume

Sind Holzstaffeln und fragmentierte Leitern, die an den Dachbalken lehnen. Gilgamesch und Enkidu kippen sie um, so dass sie mit Krach zu Boden fallen. Möglicherweise tun sie das, am Dachbalken spazierend, von oben.

Humbaba?

Als Trophäre nehmen sie eine Leiter mit, die zuvor bereits am Boden liegt, aber den Eindruck erwecken soll, einer dieser gekippten Bäume zu sein. Die Leiter stellen sie an die Zikkurat, um eine Stufe höher steigen zu können.

Der Himmelsstier - ein Wetter (Blitz)

Video? Lichtidee: wieder stehen die beiden in zwei einander berührenden Lichtkreisen. Der Stier zeigt sich als Lichtinversion. Die beiden Figuren werden für einen Wimpernschlag dunkel, der Raum (hinter den Figuren) für einen Moment grell hell.

Enkidus Tod

Lichtidee: das Licht wandert von Enkidu weg, er kriecht dem Licht nach.

Lichtidee 2: einer der beiden einander berührenden Lichtkreise wird langsam dunkler, dunkler, erstirbt schiesslich in ein fahlrotbraunes Licht.

Gilgamesch nach Enkidus Tod

Er wälzt sich in der Trauer am Boden (das Kleid wird grau / er zieht sich einen grauen Fetzen über?), er zerfetzt sein Kleid (reisst Teile ab), zerrauft sein Haar (setzt sich eine zausige Perücke auf).

Die Fliegen an Enkidus Leichnam

Die Fliegen, die den zu lange liegenden Leichnam umschwirren, werden sichtbar in den Handbewegungen, mit denen alle die unsichtbaren Fliegen verscheuchen, wenn sie versuchen, die Luft anzuhalten, wie sie sich ekeln und sich kratzen, als würde der Tod sie auch schon befallen.

Das bricht abrupt ab, wenn Gilgamesch Enkidu begräbt - ihn mit einem Tuch bedeckt.

(Wenn Zikurrat: Enkidu wird durch Klappe hinunter in die Unterwelt gelassen.)

Enkidu bei den Tieren / zivilisiert

Die Tiere tragen das Einheitskostüm und grosse Tierkopfmasken mit Halskrause (die aber verkehrt herum aufgesetzt werden, so dass ihre Bewegungen verwirrend und paradox wirken).

Antilopen, Kühe, Löwe, Hyäne, Geier, Eule (eventuell Elefant?)

Hufe (Holzklötze) an den Füssen, so dass eine Art Trommelwirbel entsteht, wenn die Herde läuft.

Enkidu trägt auch eine Kopfmaske (ein grober, menschenartiger Kopf, ein Hybrid zwischen Mensch und Tier).

Eine "Naturmusik", eventuell Chor der Tiere (nur mit Lauten), der Jäger als musikalischer und choreographischer Kontrapunkt.

Die Frau, die Enkidu zähmen soll, nimmt ihm die Maske ab und küsst ihn. Sie zieht ihm sein Fellkleid aus, darunter ist er weiss.

Die Steinernen

(2 Ensemblesänger) sitzen als Wächter vor dem Boot. Wenn Gilgamesch sich nähert, wollen sie ihn abwehren. Er schlägt ihnen die Arme ab (grosse "steinerne" Ruderarme). Gilgamesch rudert daraufhin mit den Händen und erfindet dann das Segel.

Schluss

Während die Stadtmauer gebaut wird (?), taucht Enkidu langsam im blauen Licht auf.

Gilgamesch steht im goldenem Kostüm dabei, doch er schaut sehnsüchtig zu Enkidu hinüber.

Zuletzt verlässt er das Volk und taucht ein ins Blau zu Enkidu. Langsam wechselt das Licht. Alles wird dunkel, nur Gilgamesch und Enkidu leuchten hell auf.

Rückwand-Projektion

Eine stilisierte Landschaft als stillstehendes Bild.

Wenn Gilgamesch und Enkidu ausziehen, sieht man ihre Reisestationen: Den Wald, die Unterwelt als Negativ der Landschaft. Der Bau der Stadtmauer als Animation.

Kostüme

Männer: alle tragen Kostüme desselben Schnittes: kurzärmelig, figurnah bis zum halben Oberschenkel, hinten zu verschliessen. Darunter eine Hose in derselben Länge (für Problemfälle eine hautfarbene lange Hose).

Farblich leicht variiert:

Gilgamesch: weisser Brokat, wenn er zuletzt Gott wird, wird ihm ein goldenes Kleid übergezogen.

Wenn er trauert, wird das Kostüm zum Fetzen dekonstruiert oder ausgewechselt gegen ein graues.

Das Volk: weisses Leinen.

Die Tiere: Brauntöne, eventuell pelzig.

Enkidu: erd- oder sandfarben.

Götter: Gold- bzw. Bronzetöne (Brokat).

Frauen: alle tragen Kostüme desselben Schnittes: kurzärmelig, figurnah bis zur halben Wade, hinten zu verschliessen, eventuell "nackte Brüste".
Ishtar: silber.

Das Volk: weisses Leinen.

Die Mutter: weiss-goldener Brokat?