Kurt Schwertsik

Hoher Anspruch verrät sich in Bescheidenheit. Wer hätte auch je das höchste Ziel erreicht? So kommt es wohl, dass Kurt Schwertsik nicht nur ein grosses Talent für kleine Formen und subtile Interventionen hat, sondern auch für die grosse Kunst des Zweifels, dem besten Motor lebenslanger Weiterentwicklung.

Das durfte ich in der intensiven Zeit der Vorbereitung erleben: nichts ist selbstverständlich, alles muss von Grund auf gedacht,  revidiert und wieder neu gedacht werden - und zwar nicht in einem umstürzlerischen, blinden Gewaltakt, sondern in liebevoller Vertiefung. Schliesslich ist Musik kein autokratisches System, sondern die Gnade, etwas von der Natur des Hörens zu verstehen. Kurt beschrieb es so, wie ich selbst es auch empfinde: ein Kunstwerk lässt sich nicht planen, die Kunst ist, sich sich in den wachen Zustand zu versetzen, in dem sie entstehen kann - und dann fliesst die Musik direkt in den festumklammerten Stift, der wie eine Antenne oder ein Blitzableiter das musikalische Wetter anzieht und aufs Papier fliessen lässt.

Und der wache Zustand, wo kommt der her? Aus einer unerschöpflichen Neugier auf das Leben und die Kunst. Bei unseren Gesprächen schwirrten mir die Ohren von den vielen guten Tipps, den Geschichten, den Namen, den Bedeutungen. Ich notierte mit und sass dann nach jedem Treffen oder Telefonat lange am Nachlesen, vor einem Film, einem Buch, einer Komposition. Ein hervorragender Lehrer also, aber nicht durch Belehrung.

Als ich jugendlich heimlich nachts unter der Bettdecke im Radio erstmals ein Werk von Kurt Schwertsik hörte - ich weiss leider bis heute nicht, was das gewesen sein kann - begann für mich, die bis dahin ganz der Alten Musik verschrieben war, die Neue Musik. Ein Spagat, der viel überbrückt. Aufregende Harmonien und Linien, die überraschende Wendungen nahmen und doch ganz logisch erschienen. Eine Musik, die berührt, aber den Verstand nicht im Dampfbad der Emotionen auflöst. Eine kluge Musik, die lächelnd zu sagen scheint: Nimm mich nicht zu ernst.

Auch wenn Kurt in Darmstadt sozialisiert wurde und im Nachkriegswien mit seinen Freunden die stehengebliebene Zeit gehörig und auch ungehörig ankurbelte, war er mutig genug, früh an den Dogmen der Moderne zu zweifeln und in einem kühnen Mutationsakt Jahrzehnte zu überspringen - wie man heute weiss: nicht rückwärts sondern vorwärts! Oder besser: weder vor noch zurück - seine Musik gehört ins Reich des Zeitlosen. Was mich damals faszinierte, fühle ich heute noch: seine Musik verbindet Schönheit und Witz, eine äusserst seltene und umso berückendere, lebensnahe Symbiose.

Den Menschen habe ich erst viel später kennengelernt. Er passte perfekt zu seiner Musik.

Kristine Tornquist

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Verehrte & hochgeschätzte Interessengemeinschaft!
Das Libretto von Kristine Tornquist, war der Ausgangspunkt unserer Arbeit: Kristine & ich waren in dauerndem Dialog. Kristine bezeichnete ihr Libretto als Entwurf eines Ausgangspunktes durch die verschlungenen Szenen der Romane.
Einige Szenen wurden weggelassen, andere – zB. Tweedledum & Tweedledee – kamen hinzu, aufgrund mannigfacher Überlegungen & in Verbindung mit meiner Arbeit des Notenerfindens. Die neuen Titel der Szenen waren ein Nebenprodukt meiner Arbeit. Was im Klavierauszug zu lesen ist, bildet somit das Resultat unserer Arbeit & dass dabei das Ausgangsmaterial Veränderungen erfährt, gehört zu den gängigen Klischees „kreativer“ Arbeit. Bis auf einige Druckfehler – wir sind dabei sie zu finden & zu korrigieren – stellt der Klavierauszug, die Grundlage für die jetzt beginnenden Proben dar. Jetzt sind die Darsteller & das Regieteam am Zug!
Herzliche Grüsse, Kurt Schwertsik