Artisten

Raubtiere und Elefanten sind nicht mehr die Höhepunkte im Zirkus. Artisten und ihre Darbietungen haben ihnen den Rang abgelaufen. Insgesamt ist der Zirkus theatraler geworden und die reine Tier- und Leistungsschau, als die sich der Zirkus Anfang des 20 Jahrhunderts verstand, hat sich heute dem Varieté der belle epoche angenähert.

Akrobaten, Travestien, Bauchredner, Fakire, Zauberer, Jongleure, Bauchredner, Schlangenmenschen, Seilkünstler, Trapezkünstler, Hochradfahrer und Leiterkünstler haben gemeinsam, dass sie etwas können, dessen Spielregeln sie selbst erfunden und definiert haben. Ihre Fähigkeiten sind aus dem praktischen und sportlichen Zusammenhang gerissen, frei wie die Kunst und doch messbar.

Im Mittelalter waren Artisten, Tänzer, Zauberer und andere unter dem Namen Gaukler subsumiert, später erschienen sie im Tross fahrender Komödianten. 1629 erschien in Wien erstmals ausdrücklich ein Ensemble von Seiltänzern und präsentierte ihre Künste am Neuen Markt. Fahrenden Artisten wurde aber nicht so viel Aufmerksamkeit und Ehre wie den Kunstreitern erwiesen - die militärische Abkunft und der Prestigewert des festen Etablissement, das den Kunstreitern den gesellschaftlichen Bonus verschafften, war lange nicht einzuholen.

Beliebt waren im 19.Jahrhundert die Starken Männer, die Entfesselungskünstler und natürlich Äquilibristen, die entweder sich selbst oder Dinge in labile Gleichgewichte brachten. Einige der im 19. Jahrhundert beliebten Disziplinen sind heute ausgestorben - etwa die Starken Männer, die Keulenschwinger, die mit rotierenden Keulen Kerzen löschen und wieder entzünden konnten oder eine Fliege von der Nase eines Zuschauers schlugen, ohne die Nase zu berühren, die Kunsttaucher, die in grossen Wasserbecken minutenlang untertauchten, die Fakirshows, die Kunstpfeifer und Verwandlungskünstler.

Kristine Tornquist