Theaterzeitung, Beilage zur Tiroler Tageszeitung, 23. Februar 2007, Esther Pirchner

Operellen 2: Der Mann im Mond mal sieben - Sieben Komponisten/librettistenpaare geben sich die Ehre. Kristine Tornquist inszeniert nach dem grossen Erfolg 2004 sieben neue "Operellen" - zeitgenössische Miniopern von sieben Autoren und sieben Komponisten.

"Operellen" sind Opern en miniature: jeweils rund 15 Minuten dauernde Dramen, die zu einem grösseren Ganzen zusammengefügt werden. Das von Kristine Tornquist erdachte Konzept wurde erstmals 2004 am Tiroler Landestheater von sieben Autoren- und Komponisten-Teams ausgeführt. Wegen des damaligen grossen Erfolges findet es 2007 seine Fortsetzung: Je sieben weitere Autoren und Komponisten wurden zu "Operellen 2 - abkürzungen und beschleunigungen" geladen. Die einzigen Vorgaben für sie waren neben der Verwendung eines bestimmten Instrumentariums der Einsatz der fünf Figuren Köchin, Mann im Mond, Astronaut, Briefträger und Galileo Galilei sowie deren Aufteilung auf die Singstimmen Sopran, Mezzosopran, Tenor und Bass und eine Sprechrolle. Herausgekommen sind sieben höchst unterschiedliche Liebeserklärungen an den Mond. Kristine Tornquist, Jennifer Chamandy, Lysianne Tremblay, Alexander Mayr und Andreas Mattersberger über Vorzüge und Herausforderungen der kleinen Form.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Künstler ausgesucht, die Sie zur Mitarbeit an den "Operellen 2" eingeladen haben?

Tornquist: Wir haben eigentlich aus dem Bauch heraus entschieden. Wir haben Komponisten gefragt, von denen wir etwas Schönes gehört hatten, und Autoren, die wir interessant finden. Es sollte auch Oper in dem Sinne sein, dass es keine abstrakten Experimente gibt, sondern dass die Musik in gewisser Weise noch harmonisch funktioniert. Und es sind zwar auch diesmal einige dabei, die mit der kleinen Form konkret etwas zu tun haben, aber dieser Punkt stand nicht so sehr im Vordergrund wie beim ersten Zyklus.

Hat sich das auf die Erarbeitung der Stücke ausgewirkt?

Tornquist: Während der Vorbereitung haben sich interessante Briefwechsel ergeben. Daniel Glattauer hat beispielsweise sehr genau nachgefragt, was ein Libretto können muss und hat sich dann auch sehr eingefühlt. Andere hatten eher das Gefühl, sie können das ohnehin.

Wie wurden Ihre Vorgaben konkret umgesetzt?

Tornquist: Insgesamt sind die Ergebnisse in bezug auf Inhalt und Atmosphäre sehr unterschiedlich geworden. Auch sieht man, wer ein Gefühl für die Miniatur hat und wer in der kurzen Zeit etwas Grosses machen will. Eines der extremeren Ergebnisse ist "vom mond" von Klaus Lang nach einem lyrischen Text von Händl Klaus, das ganz im Pianissimo gehalten ist. Antonio Fian und Herwig Reiter haben versucht, die grosse Form in der kleinen umzusetzen und spielen mit allen möglichen Versatzstücken. Das ernsteste Stück ist - obwohl es ironisch auf Rosamunde Pilcher anspielt - "Play it like Rosie" von Johannes Schrettle und Hannes Raffaseder.

Stellen diese grossen Unterschiede besondere Anforderungen an Sie als Regisseurin? Wie verbinden Sie die einzelnen Teile miteinander?

Tornquist: Die Stücke zusammenfügen, sodass man das Gefühl hat, man steht einem gesamten Abend gegenüber, ist eine Herausforderung. Es soll merkbar sein, dass die Figuren zwar immer etwas anderes spielen, aber doch die gleichen sind. Wir setzen das so um, dass ein Stück an das andere anschliesst - ohne Vorhang und ohne, dass es dazwischen dunkel wird. Als Übergang gibt es meistens eine stumme Szene, in der die Charaktere noch einmal gespiegelt sind. Da begegnet ein Briefträger dem anderen, die Köchin versucht, etwas Gutes zu kochen und es gelingt nicht, oder der Mann im Mond findet endlich eine Frau im Mond. Solche Geschichten verdichten das Ganze.

Jeweils sieben Rollen an einem Abend zu spielen stelle ich mir sehr schwer vor.

Mayr: Es ist das Interessante an dem Projekt, aber auch das Schwierige, dass die Autoren und Komponisten die Personenvorgaben mit den fünf Charakteren alle unterschiedlich aufgefasst haben. Die Geschichten reichen von einer Fantasiegeschichte, die auf dem Mond spielt, bis hin zu einem Computer-Chat, wo die vorgegebenen Namen, Köchin, Galileo Galilei etc. als Nicknames eingesetzt werden.

Chamandy: Unsere Rollen wechseln dabei von Stück zu Stück. Wir müssen sehr schnell sein...

Mattersberger: Und haben nur wenig Zeit, uns auf die einzelnen Komponisten wirklich einzustellen. Das ist für uns alle etwas Neues.

Tornquist: Weil die Stücke so kurz sind, muss man, kaum dass man in einer Rolle drin ist, schon wieder heraus, und das ist natürlich eine extreme Anstrengung. Nicht nur musikalisch, sondern auch emotional und von der Haltung her.

Welche Anforderungen stellt das Projekt in Bezug auf den Gesang?

Mayr: Für die Komponisten gab es keine Vorgaben, welchen Sopran, Mezzo, Tenor oder Bass sie einsetzen. Deshalb gibt es in allen Stimmen extreme Lagen, von sehr hoch und Koloratur bis zu tief und dramatisch.

Chamandy: Dazu kommt, dass es eine Uraufführung ist und es keine Aufnahme gibt, nach der wir uns richten können. Wie es zu klingen hat, wie die Musik zu sein hat, das müssen wir uns alles erst erarbeiten. Aber wir werden immer besser!

Mattersberger: Das ist auf der anderen Seite auch das Schöne an diesem Projekt. Man muss nicht reproduzieren und kann etwas ganz Neues machen. Man kann ganz frisch an die Musik herangehen. Das ist schon toll.

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