7 Operellen 2 - Abkürzungen und Beschleunigungen

Nach dem Erfolg der ersten Kurzopernreihe 7 Operellen - millimeterkrisen und miniaturkatastrophen setzten wir die Serie von Kurzopern am Tiroler Landestheater in Innsbruck und im Jugendstiltheater in Wien fort. Wieder schreiben 7 Autoren und 7 Komponisten im Auftrag von sirene 7 Operellen von je 15 Minuten Dauer.

Daniel Glattauer / Johanna Doderer : Falsch verbunden (Libretto) | Video
Johannes Schrettle / Hannes Raffaseder : Play it like Rosie (Libretto) (Klavierauszug) (DA) | Video
Barbara Frischmuth / Ulrich Küchl : Mirabellenkompott oder Mostbirnenmus (Libretto) (VL) | Video
Kristine Tornquist / René Clemencic : Monduntergang (Libretto) (SN) (MUK) | Video
Günter Rupp / Jury Everhartz : Fröhliche Wissenschaft (Libretto) | Video
Händl Klaus / Klaus Lang : vom mond (Libretto) (Partitur) | Video ***
Antonio Fian / Herwig Reiter : Tod auf dem Mond (Libretto) | Video

*** unter Der Einfluss des Menschen auf den Mond wieder aufgeführt am Staatstheater Braunschweig 26.03.2011

Spielregeln für die Librettisten:
Zu schreiben ist ein kleines Dramulett, für das die handelnden 5 Figuren vorgegeben sind:
Frau/Mann im Mond > Astronaut/in > Koch/Köchin > Briefträger/in > Galileo Galilei

Spielregeln für die Komponisten:
4 Sänger - Sopran, Alt, Tenor, Bass - und eine Schauspielerin können in jeder beliebigen Weise mit den Figuren kombiniert werden. Orchesterbesetzung (solistisch): Violine - Violoncello - Kontrabass - Flöte - Horn - Fagott - Harfe - Posaune - Schlagwerk

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Wenn Autoren heute an Reisen durch das All denken scheint nicht allzuviel Spielraum für ein unbekümmertes Ende. Die fünf Figuren, die alle sieben Operellen miteinander verbinden - Köchin, Briefträger, Astronaut, Galileio Galilei und der Mann im Mond - haben es nicht leicht. Zwischen Erde und Mond passen am besten missglückte Träume, beiläufige Untergänge und witzige Morde. Die Zeiten der Eroberer sind vorbei. Eingriffe ins Unbekannte, das haben Autoren in den letzten 30 Jahren gelernt, sind gefährlich und schnell ist das Gleichgewicht unbedacht gestört.

Blinde Neugier, Ursprung der Wissenschaft, bringt Unheil. So lässt der Dramolettspezialist Antonio Fian in seinem von Herwig Reiter kongenial witzig vertonten „Tod auf dem Mond“ nur eine einzige Figur die grosse Mondexpedition überleben.

In „Monduntergang“ reisst Galileis wissenschaftliche Neugier Mond und Erde in den Untergang - René Clemencics Vertonung von Kristine Tornquists skurril-düsterer Geschichte lässt die Klänge in ihrer ursprünglichen Magie sphärisch wirken - zwischen Liturgie und Angriff aus dem Weltall.

Blinde Sehnsucht wird nicht erfüllt. Das führen einerseits der junge Grazer Dramatiker Johannes Schrettle und der oberösterreichische Komponist Hannes Raffaseder in der Operelle „Play it like Rosie“ vor, die 20 Jahre auf 15 Minuten verkürzt und sich dem Thema unerfüllter Sehnsucht mit Versatzstücken aus Kitschroman und Popmusik nähert und doch eine ganz eigene Konzentration entwickelt.

Das Motiv findet sich auch in den virtuellen Begegnungen im Neusprech des Cyberspace, in denen Daniel Glattauer seine Protgonisten boshaft gerade das finden lässt, wonach sie nicht gesucht haben - „Falsch verbunden“, von Johanna Doderer in raffiniert verschachtelte Rhythmen gesetzt.

Wohl denen, die langsam und behutsam zu Werke gehen. Händl Klaus und Klaus Lang haben zusammen ein subtiles und verdichtetes Stück geschaffen: „vom mond“ gibt in schwebenden Klängen und feinen Zwischentönen dem Ungewissen Raum - unfassbar ist die Verzauberung und der Bann unter dem Einfluss des fernen Himmelskörpers.

Wirklich sicher scheint man nur in der Küche, wo Träume, Surreales und Reales zu geniessbaren Happen verkocht werden, wo All, Abenteuer und Ferne als Phantasien des Geistes viel leichter verdaulich sind. So kocht Barbara Frischmuth in „Mirabellenkompott oder Mostbirnenmus“ dem Mann im Mond seine Lieblingsspeise und entwickelt rundum ein recht munteres Treiben, das Ulrich Küchl gekonnt, gefühl- und humorvoll vertont hat.

Und aus Günter Rupps Parabel „Fröhliche Wissenschaft“ hat Jury Everhartz ein rasantes Spiel mit barockem Witz gemacht, in dem alles um einen Küchentopf kreist, dessen Geheimnis der Mann im Mond zuletzt lüftet. Denn das ist die Moral von der Geschicht: wo gekocht wird – genauer gesagt: wo der Mann im Mond bekocht wird  – dort ist wirklich Ende gut, alles gut.