08.11.2018 , Kulturschatulle, Anja Schmidt

Odyssee eines Rechtlosen: sirene Operntheater zeigt „Das Totenschiff“ im Reaktor

Das Totenschiff“, eine Song-Oper von Oskar Aichinger in einer Librettofassung von Kristine Tornquist, erlebt am 24. November ihre Uraufführung im Reaktor

Beide Herbstproduktionen von sirene Operntheater drehen sich um (menschliche) Katastrophen: Bei der Kammeroper „Jeanne & Gilles“ im vergangenen September ging es um Feuer, Komponist François-Pierre Descamps schrieb dafür eindringliche Musik von schillernder Expressivität.

Um eine Katastrophe zu Wasser geht es in B. Travens Roman „Das Totenschiff“. Im Rahmen von Wien Modern am 24. November erlebt die Song-Oper von Oskar Aichinger in einer Librettofassung von Kristine Tornquist, die das Werk auch inszeniert, und unter der musikalischen Leitung von Jury Everhartz ihre Uraufführung im Reaktor

In „Das Totenschiff“ machen Geld und Gesetz gemeinsame Sache. Wer nämlich ersteres nicht hat, auf dessen Seite steht zweiteres nicht. Und wer das Gesetz nicht auf seiner Seite hat, ist als Rechtloser verraten und ans Geld verkauft. Gale, der Held des Totenschiffs, landet, nachdem er seine Papiere verloren hat, unversehens auf der Seite derer, die keine Rechte mehr haben. Ohne Ausweis und Aufenthaltsgenehmigung von der Staatengesellschaft an Land nicht mehr geduldet, bleibt ihm nur, auf das Meer auszuweichen. Doch auch auf See muss er auf den sogenannten Totenschiffen anheuern, schwimmenden Höllen wie der Yorikke, die als Schmuggelware Waffen im rechtsfreien Raum der Weltmeere bewegen, oder – wie die Lucona und im Roman die Empress of Madagaskar – nur noch durch ihren Untergang als Versicherungsfall dienen.

Komponist Oskar Aichinger ist in allen Stilen zuhause, er hat eine reiche, emotionale, dabei aber der Dramatik verpflichtete Musik geschrieben, ohne jemals sentimental zu werden.

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