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Jean Barraqué: Musique de scène

Bei Wien Modern 2017 wurde Jean BarraquésMusique de scène“ uraufgeführt, eine unbekannte Schauspielmusik, die Barraqué 1958/1959 zu originalen Kurzdramen von Jean Thibaudeau komponierte. Das sirene Operntheater führte die Miniaturen in deutscher Sprache mit Barraqués Musik erstmals auf, nach einer Edition von Laurent Feneyrou bei Bärenreiter. In dem Bühnenprojekt DIE REISE lässt das sirene Operntheater in Windeseile  Assoziationsketten entstehen, Bilder, die sich auflösen, bevor sie deutlich werden. Spürbar wird nur die Reise, die vom Unsteten ins Unbekannte führt.

Zum Video der Uraufführung am 6.11.2017 in Wien

ensemble sirene; Musikalische Leitung: François-Pierre Descamps; Regie: Helga Utz; Bühne: Kristine Tornquist, Cornelius Burkert; Produktion: Jury Everhartz: Eine sirene-Produktion

Über das Stück: In den Jahren 1958/59 – die Klaviersonate ist vollendet, ebenso Séquence, eine Étude für Solostimme und Instrumentalensemble auf Gedichte von Nietzsche, sowie (noch nicht instrumentiert) Le Temps restitué – komponierte Barraqué für eine Aufführung des Regisseurs und Theoretikers Jacques Polieri eine Musique de scène zu kurzen Stücken von Jean Thibaudeau. An diesem Spektakel sollten mehrere Maler, unter ihnen René Allio, Jean-Michel Atlan, Maurice Béjart, Sonia Delaunay, Serge Poliakoff, Pierre Soulages, Maria Helena Vieira da Silva, beteiligt sein, die "die Musik in Bilder umsetzen" sollten.

Mit Jacques Polieri (1928–2011) hatte Barraqué gerade an dem Projekt einer szenischen Komposition mit dem Titel Sonorité jaune (nach Wassily Kandinsky) gearbeitet, für die bereits seit 1957 einige Skizzen vorlagen. Jean Thibaudeau (1935–2013) war Romanautor, Essayist, Dramatiker und Übersetzer von Calvino, Cortázar und Sanguineti; er arbeitete außerdem als Redakteur für die angesehene Zeitschrift Tel Quel. Mit seinen Romanen befand er sich in der Nähe des Nouveau Roman.

Die sieben kurzen Stücke entstanden in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre; sie wurden von Barraqué zurückgehalten und blieben unveröffentlicht. Polieri erweiterte diesen Zyklus um ein weiteres Stück, zu dem Barraqué eine Musik geschrieben hatte: die V. Comédie intrigante. Er verwarf diesen Plan später allerdings. Amer ou les trois femmes, ein weiteres Stück von Jean Thibaudeau, wurde von Barraqué nicht vertont, sondern mit populärer Musik gespielt.

Laurent Feneyrou in [t]akte 1/2017

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