Blog 02.12.2023, Silvia Matras, Kultur- und Reisejournalistin

sirene Operntheater und Serapions Theater: Alice nach Lewis Carroll

Am besten man lischt alle Erinnerungen aus Kindheitstagen oder an schon gesehene Aufführungen. Denn kindliches Staunen ist abgesagt. Kristine Tornqist vom sirene Operntheater und Max Kaufmann setzen auf intellektuellen Dadaismus. Die Bühne ist eher dunkel gehalten, vor der Drehscheibe, auf der sich das spätere Geschehen abspielen wird, liegt Alice und schläft in sich zusammengekauert.

Lange Zeit – etwas zu lang – herrscht absolute Stille. Dann beginnt das Orchester zu spielen – eine heiter-ironische Potpourri an Klängen. Kurt Schwertsik hat für diese Produktion keine harte, elekronische Musik komponiert, im Gegenteil: passend zum Geschehen auf der Bühne unterstreicht, unterläuft, konterkariert er witzig manches, dann wieder betont er Bewegungen, Textpassagen überdeutlich – also eine durchaus gefällige Musik.

Max Kaufmann und Kristine Tornquist haben den Text auf den puren Dadaismus eingedampft, man meint Kurt Schwitters und Konsorten zu hören. Statt satt – farblicher Kostüme, wie man sie aus dem Serapions Theater gewohnt ist, tragen die Figuren weiße, aus Karton ausgeschnittene Phantasiegewänder, nahe an einer Möglichkeit, weit genug weg von der Realität. Manche Figuren, wie die Grinsekatze sind ganz dunkel gehalten, ihre Gesichter durch Perücke und Schminke zu fast dämonsich gleichförmigen Masken geformt. Die Musik ersetzt gleichsam die Farben.

Dass aus dem Original alle moralisierend-erzieherischen Texte herausgestrichen wurden, tut dem Ganzen gut, aber es fehlt dadurch ein wesentliches Element: Alice hat keinen Grund, sich zu fürchten. Nicht einmal die Königin hat Macht über sie, denn „es ist ja alles nur Papier“, sagt Alice, als sie aus ihrem Taum aufwacht, und zerreißt die Seiten des Buches.

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